Konferenz 2009/Naturschutz

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Version vom 23. Februar 2009, 15:57 Uhr von Torsten Brassat (Diskussion | Beiträge)
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Erfassung von Arten mit Unterstützung freier GI-Technologie: Entwicklung eines Web-GIS-gestützten Werkzeuges für Monitoringaufgaben im ehrenamtlichen Naturschutz


Naturschutzverbände besitzen eine große und stetig wachsende Bedeutung für den Naturschutz. Zu ihren Tätigkeitsfeldern auf regionaler und lokaler Ebene zählen heute zunehmend Aufgaben, die im Auftrag der Naturschutzverwaltung übernommen werden, insbesondere die Betreuung und das Monitoring von Schutzgebieten (z.B. FFH, NSG), besonders geschützten Biotopen (§ 30 BNatSchG) oder sonstigen bedeutsamen Naturschutzflächen. Praktische Arbeiten wie die Erfassung von Arten oder die Umsetzung von Maßnahmen werden in diesen Gebieten zum großen Teil von ehrenamtlichen Naturschützern durchgeführt. Sie besitzen im Allgemeinen umfangreiche Gebietskenntnisse, ohne die die zuständigen Fachbehörden oftmals nicht in der Lage wären, den gesetzlichen Auftrag zur Betreuung und nachhaltigen Sicherung der Naturschutzflächen zu erfüllen.

Die derzeitige Zusammenarbeit von Behörden und Verbänden weist allerdings noch Defizite auf. Ein zentrales Problem besteht in den unterschiedlichen Anforderungen an die Erstellung und Verwaltung gebietsbezogener Daten. Durch ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhobene, planungsrelevante Fachdaten werden häufig unvollständig und uneinheitlich dokumentiert. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Informationsverlusten und somit zu einer unzureichenden Datengrundlage für die Arbeit von Verband und Behörde. Zudem wird die Artenerfassung überwiegend mit analogen Methoden durchgeführt, so dass selbst beim Vorliegen guter Datengrundlagen eine arbeitsextensive Übernahme der Daten durch die Behörden nicht gewährleistet ist. Die bisherigen Ansätze für eine digitale, GIS-gestützte Erfassung von Fachdaten beziehen meist nur einzelne Tier- oder Pflanzenartengruppen ein, sind aufgrund des Standes der technischen Umsetzung noch nicht ausreichend etabliert oder sind auf den Aufbau einer großräumigen, z.B. landesweiten Datenbasis ausgerichtet.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und die Region Hannover fördern daher im Rahmen eines Forschungsprojektes die Entwicklung und Erprobung eines Werkzeuges für das GIS-gestützte Gebietsmonitoring im ehrenamtlichen Naturschutz (Laufzeit Oktober 2008 bis Dezember 2009). Die Bearbeitung des Projektes erfolgt in Kooperation zwischen dem NABU Laatzen e.V. und der IP SYSCON GmbH. In diesem Forschungsprojekt wird das Monitoring ausgewählter Zielartengruppen der Fauna beispielhaft mit neuster (Geo)Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt und getestet. Der dafür zu entwickelnde, webbasierte Baustein wird dabei die speziellen Anforderungen des ehrenamtlichen und amtlichen Naturschutzes berücksichtigen und Arbeitsabläufe optimieren. Ziel ist es, mit einer standardisierten, digitalen Erfassung und Dokumentation planungsrelevanter Geofachdaten einen interoperablen Datenaustausch zu gewährleisten und so die Zusammenarbeit zwischen Behörden, Naturschutzverbänden und ehrenamtlich Tätigen zu stärken. Grundlage für die technische Umsetzung des Systems sind die Anforderungen der ehren-amtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des NABU Laatzen, die im Rahmen von leitfadengestützten Interviews im Vorfeld der Programmierung zusammengetragenen wurden. Die Ehrenamtlichen gaben hier umfangreiche Anregungen für die Ausgestaltung der Software, z.B. in Hinblick auf die zu integrierenden Kartengrundlagen, Import- und Exportmöglichkeiten, Funktionen zur Verortung von Funden und die Eingabe der zugehörigen Sachinformationen.

Die geplante Struktur des Web-GIS-gestützten Bausteins wird umgesetzt auf der Basis von Liferay, PostgreSQL/ PostGIS, Geoserver und OpenLayers. Unterschiedliche Geofachdaten des Naturschutzverbandes werden zur Unterstützung der Datenerfassung in das Web-GIS eingebunden. Um eine redundante Datenhaltung zu vermeiden, werden ergänzende, beispielsweise von der zuständigen Naturschutzbehörde oder auch von der Landesvermessung bereitgestellte Geobasisdaten oder weitere Geofachdaten, als Web-Map- (WMS) bzw. Web-Feature Service (WFS) integriert. Der Zugriff auf die standardisierten Kartier- und Erfassungsformulare für einzelne Arten und Artengruppen wird ebenfalls über das System gesteuert. So können sie den ehrenamtlich Mitarbeitenden gezielt für die Arbeit im Gelände und zentral über die Web-Komponente zur Verfügung gestellt werden. Neben den verpflichtend anzugebenen Informationen sollen so auch optionale Informationen, wie beispielsweise GPS-Koordinaten oder Fotos, auf den Server überspielt werden können. In dieser Form kann das System auch als Auskunftskomponente zur Information der Öffentlichkeit eingesetzt werden. Eine einfache Zugriffsmöglichkeit mit unterschiedlichen Webbrowsern (Internet Explorer, Firefox) der aktuellen Generation wird sichergestellt. Durch die Einhaltung technischer Standards wird eine leichte und schnelle Weiterentwicklung des Systems sowie die iterative Ergänzung ermöglicht und somit eine vielfältige, nachhaltige Nutzung des Systems realisiert - auch für andere Anwendungszwecke.

Die praktische Erprobung und Evaluierung des GIS-Moduls „Gebietsmonitoring“ soll ab Mitte 2009 am Beispiel der Region Hannover erfolgen. Das Modul wird hier z.B. im Rahmen von Workshops für das vom NABU Laatzen betreute FFH-Gebiet „Leineaue zwischen Hannover und Ruthe“ und das Monitoring ausgewählter Zielartengruppen der Fauna eingesetzt. Ehrenamtliche mit unterschiedlichen Computerkenntnissen und Erfassungsschwerpunkten können den Prototypen des Bausteins testen und so Anregungen für die gezielte Weiterentwicklung liefern.

Mit dem neu entwickelten Werkzeug kann ein wichtiger Beitrag zur effektiveren Vernetzung von amtlichem und ehrenamtlichem Naturschutz geleistet werden. Standards in der Erfassung von Umweltdaten gewinnen immer mehr an Bedeutung für die Naturschutzpraxis. Als Ergebnis des Vorhabens steht den Akteuren aus Behörden und Verbänden eine technisch hochwertige, übertragbare und frei verfügbare GIS-Softwarelösung für die Bewältigung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Neben einem verbesserten Informationsaustausch und der effizienteren Verwertung naturschutzrelevanter Daten kann das Web-GIS-gestützte System zudem Unterstützung bei der Verbreitung von Umweltinformationen im Sinne des Bundes-Umweltinformationsgesetzes bieten.


Kontakt zu den Autoren
Astrid Lipski Roland Hachmann
IP SYSCON GmbH
Tiestestraße 16-18, 30171 Hannover
0511/ 8503030
lipski@ipsyscon.de hachmann@ipsyscon.de


Dr. Stefan Rüter, Eick von Ruschkowski
NABU Ortgruppe Laatzen e.V.
Ohestraße 14, 30880 Laatzen
0511/ 87 90 11 0
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